Bilder eines Albums – Felicia Gulda und Maria Radutu im Dialog

Bilder eines Albums – Felicia Gulda und Maria Radutu im Dialog

Maria Radutu und Felicia Gulda über die Entstehung von „Phoenix“ und die Hintergründe ihrer Zusammenarbeit. Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen mit den beiden Künstlerinnen im Dialog.

MODERATION UND TEXT OLIVER SARTENA

Maria, wie entstand die Idee, für dein neues Solo-Album Musik mit Malerei zu verbinden?

Maria Radutu: Die musikalischen Werke von Phoenix sind emotional extrem geladen, sowohl die aufwühlenden und die in die Tiefe gehenden als auch die positiven. Phoenix habe ich mit einer Kunstform kombiniert gesehen, bei der die Zeit keine Rolle spielt. Mit der Musik im Ohr entdeckt der Zuschauer im eigenen Tempo den eigenen Weg durch das Visuelle. Wenn Phoenix live aufgeführt wird, entfalten sich die Bilder als Videoprojektionen auf der Bühne. Das macht es auch für mich persönlich zu einer einzigartigen Erfahrung, weil das Klavier und ich plötzlich ein Teil von Felicias Bildern werden.

Felicia, worin unterscheidet sich Deine Arbeit für Phoenix von deinen anderen Projekten mit Musik?

Felicia Gulda: Die Zusammenführung und der Aufbau des Konzepts sind entscheidend, meine Bilder und künstlerische Betrachtung sind direkt mit der Musik und der musikalischen Interpretation von Maria verbunden. Der Unterschied liegt auch darin, dass ich mich meist von Marias Interpretation der Stücke inspirieren habe lassen, das hat mich immer im Hintergrund begleitet. Das Schöne für mich am Konzept von Phoenix war die Möglichkeit, beide künstlerischen Komponenten parallel aufblühen zu lassen, aber auch das Verschmelzen und gegenseitige Aufbauen der Künste.

Maria Radutu & Felica Gulda im Gespräch

Maria Radutu »Mit der Musik im Ohr entdeckt der Zuschauer im eigenen Tempo den eigenen Weg durch das Visuelle.«

Was stand zuerst fest, die Musik oder das Konzept zum Album?

MR: Gefühlt einen Tag nach dem Release meines Albums Insomnia habe ich angefangen an Phoenix zu denken. Ich hatte mich sehr lange mit einem Album beschäftigt, das zwar ein Happy- End hat, aber sehr introvertiert ist. Ich glaube für Phoenix war weder die Musik noch das Konzept zuerst, sondern das tiefe Bedürfnis im Vordergrund, das Extrovertierte ans Licht zu bringen. Etwas, das ich bei Insomnia eine Zeit lang unterdrückt hatte. Es war auch schnell klar, dass nach dem Insomnia Albumcover mit dem Gesicht in der völligen Dunkelheit, genau das Gegenteil folgen muss. Ab dann war es ein Spiel zwischen musikalischen Werken und dramaturgischen Verlauf. Es gibt Werke, die die Dramaturgie beeinflusst haben und Momente in der Dramaturgie, für die die passende Musik zuerst mal komponiert werden musste. Ich hatte dabei das Glück mit den Komponisten Marco Annau und Mikael Karlsson zusammenzuarbeiten und so fügten sich mit der Zeit Musik und Konzept zusammen.

Wie schafft man es, die einzelnen Geschichten hinter den Werken, als auch den dramaturgischen Bogen von Phoenix in Bildern entstehen zu lassen?

FG: Das hat sich natürlich ergeben: der dramaturgische Bogen sollte die Farbe Rot sein, die sich durch alle Werke zieht. Der Titel des Albums, die Inhalte der einzelnen Stücke und die rote Farbe harmonieren. Diese Verbundenheit habe ich immer im Hinterkopf behalten, als ich mich mit den einzelnen Thematiken der Stücke im Repertoire auseinandergesetzt habe. Dabei habe ich festgestellt, dass jede Geschichte ein rotes Element aufweisen konnte. Zudem hat es geholfen, mit Maria über Interpretationen, Gedanken und visuelle Darstellungen zu reden.

Felica Gulda & Maria Radutu im Gespräch

Felicia Gulda »Meine Bilder und das Konzept dahinter stehen in direktem Zusammenhang zur Musik und Marias Spiel.«

Wieviel Autobiografisches steckt in Phoenix?

MR: Diese Frage kommt immer! Ich glaube vor allem in der Entwicklung von Ideen können Künstlerinnen und Künstler nicht ganz genau zwischen Privatem und Beruflichem trennen. Melancholie, die Verbindung zu Natur, emotionaler Ausbruch, verlorene Liebe, die Suche nach neuen Wegen, das sind ganz menschliche Themen, die in der Kunst immer schon thematisiert wurden. Ich wollte mit Phoenix nicht meine eigene Geschichte verarbeiten, sondern eine Art Wiedergeburt gestalten, die wahrscheinlich jeder von uns mehrmals erlebt. Die Tatsache, dass so viele Tanzelemente im Album ihren Platz finden, hat wahrscheinlich schon damit zu tun, dass der Tanz immer wieder mein Leben begleitet. Eines davon, der Mephisto Walzer, ist für mich der Höhe- und Wendepunkt des Albums, weil ich dabei ein Fabelwesen sehe, das sich im eigenen Feuer verliert. Dennoch ist das Werk mit seinen unglaublich plastischen Mittelpassagen nicht gänzlich negativ. Genauso wie der Tod des Phönix, der kein Ende ist, sondern die Verwandlung überhaupt ermöglicht.

Abschließend, welches „Bild“ von Phoenix war aufgrund der Musik sofort „zu sehen“ und welches Werk hat Dich als Malerin am meisten herausgefordert?

FG: Ich würde sagen, es gibt ein Werk, welches beides verbindet. Gershwins „Three Preludes for Piano“ haben mich sofort zum Nachdenken gebracht, allerdings war mir auch die visuelle Darstellung der Elemente im Stück von Anfang an klar – also ein „sowohl als auch“. Es hat mich deswegen zum Nachdenken gebracht, weil ich wusste, welche Gefühle ich vermitteln wollte, aber mir noch nicht bewusst war, wie ich sie vermitteln würde. Ich hatte eine sofortige Vision, die komplex war umzusetzen. Einerseits ist das Bild “Freedom” geometrisch und weist detaillierte Einzelheiten und Elemente auf, andererseits vermittelt das Bild ein Freiheitsgefühl, welches mir die Möglichkeit bot, künstlerische Elemente einzubauen, die mir neu waren.

Danke für das Gespräch!

Maria Radutu und Felica Gulda gelten als Grenzen überschreitende Künstlerinnen in ihren jeweiligen Gattung. Für beide Künstlerinnen stehen interdisziplinäre Projekte im Mittelpunkt Ihrer Arbeit. Felicia Gulda kombinierte ihre Kunst bereits mit Sparten wie Tanz, Fotografie oder Technologie, Maria Radutu bereicherte ihre musikalischen Konzepte mit Videographie, Storytelling und Ballett. Das Verständnis für die Kunstform der jeweils anderen und der gleichzeitige Freiraum sich im eigenen Bereich entfalten zu können lässt Malerei und Musik bei Phoenix zu einem homogenen Erlebnis fusionieren. Radutus Programmierung lässt die zwölf ausgesuchten Werke mal miteinander leben, mal kontrastieren und kreiert den Raum, um alte traditionelle Harmonien mit modernem Klang zusammenzufügen. Dies bietet Gulda eine große Bandbreite an künstlerische Techniken, um die musikalische Interpretation visuell zu gestalten.